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Impuls Aschermittwoch

14. Februar 2024

brechen und aufbrechen

Alois Kothgasser

Vieles in unserem Leben ist zerbrechlich - in einer Zeit des Nachdenkens über uns selbst sind wir in besonderer Weise dazu aufgerufen, uns dieser Zer­brechlichkeit zu stellen. Das Wort „brechen“ kann uns viel zu denken aufgeben - ein Glas kann brechen oder auch „zerbrechen“; das Fasten kann gebrochen oder auch „durchbrochen“ werden; ein Mensch kann mit Gesetzen brechen und damit etwas „verbrechen“ Wenn etwas bricht, ist das immer ein Zeichen dafür, dass es so nicht weitergehen kann; dass ein Neuanfang notwendig ist.

Nicht von ungefähr verstehen wir eine Zeit der Umkehr, so wie es etwa die Fastenzeit ist, auch als eine Zeit des Brechens - des Brechens mit Gewohnheiten, die uns von Gott fernhalten oder gar immer weiter wegführen; das Brechen mit Vorstellungen, die unser Leben eng machen und uns unter Druck setzen. Dieses Brechen hat etwas Befreiendes an sich. Wir sehnen uns danach, aufzubrechen und auszubrechen. Und hier gibt es ein einfaches Geheimnis: Wir können tatsächlich einen Neuanfang setzen. Wir können tatsächlich unserem Denken eine neue Richtung geben. Wir können tatsächlich Schritte aus der Enge heraus machen, wenn wir lernen, anders zu denken, in unseren Gewohnheiten anders zu leben, kurz: uns auf Gott zu verlassen und Ihn um die Gnade eines Neuanfangs zu bitten.

Zerbrechlichkeit und Enge hängen miteinander zusammen. Leiden schränkt den Spielraum ein. Wenn wir uns in schwerer innerer Not befinden, wird es eng. Wir finden keinen Ausweg mehr, wissen nicht, wie es weitergehen soll, haben keinen Raum, uns zu bewegen. In solcher Lage rufen wir nach Freiheit und Befreiung. Wir fühlen uns von Ketten gehalten, die wir aufbrechen wollen. Wir fühlen uns wie in einem Gefängnis, aus dem wir keinen Ausweg wissen. Was kann dieses Gefängnis sein? Worin kann unsere Gefangenschaft bestehen? Auch das ist eine gute Übung, sich diese Frage zu stellen: Was macht unser Leben eng? Was hält uns gefangen? Was sind die Ketten, die uns niederdrücken? Woran leiden wir? Und warum legt uns dieses Leiden in Ketten?

Aus: Alois Kothgasser / Clemens Sedmak, Geben und Vergeben. Von der Kunst neu zu beginnen. Tyrolia Verlag, Innsbruck Wien 2008